Ausstellungen

Sun plaza

Veranstalter: Apartments Marmolada
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Die Galleria Doris Ghetta freut sich die zweite Einzelausstellung des Künstler Walter Moroder in der Galerie in Pontives zu präsentieren.

"Als Kind erschrickt man, wenn man in den Spiegel schaut, und als Erwachsener erschrickt man, wenn man sich spürt." (Walter Moroder, 2008)

Das Erkennen des eigenen Abbildes im Spiegel des Anderen entfernt uns im Laufe unserer Kindheit von unserem authentischen Dasein in der Welt (Lacan), und trennt wichtige Lebensbereiche von unseren Gefühlen und Wahrnehmungen ab. Die Frage nach Wirklichkeit und Identität, erlebbar durch Sehen und Spüren im Bild des Anderen, ist ein grundlegendes Thema im Werk von Walter Moroder. Diese Ausstellung ermöglicht in ihrer Anordnung als öffentlicher Platz genau diese vom Künstler intendierte Begegnung seiner Figuren mit dem Betrachter.

Walter Moroder schnitzt vorwiegend weibliche, lebensgroße Figuren aus Holz, welche er mit langen, oft farblich gestalteten Gewändern bekleidet. Die Figuren stehen aufrecht und gerade, die Oberkörper sind häufig nackt, die Arme befinden sich seitlich entlang des Körpers. Die Haltung der Figuren ist selbstbestimmt und ruhig, mit großer Selbstverständlichkeit und innerer Kraft stellen sie sich der Welt entgegen, mit erhobenen Köpfen und einem in sich ruhenden Blick. Die Werke scheinen mit ihren Körpern zu kommunizieren, sodass man den von Walter Benjamin 1935 geprägten Begriff der Aura, den er in der Unnahbarkeit, Echtheit und Einmaligkeit eines Kunstwerkes beschreibt, wieder bemühen möchte. Walter Moroder spricht davon, dass es vielmehr unsere eigene Begegnung mit diesen Werken ist, welche von verschiedenen Energien begleitet ist, wobei sich die Ausstrahlung des Werkes als Wirkung in der Begegnung zwischen dem Betrachter und dem Kunstwerk entfaltet.

Bei Walter Moroder ist die Kunst jener Ort, wo jenseits aller gesellschaftlichen und politischen Thematiken, aller Moden und Interessen, grundlegende Fragestellungen zu unserem Menschsein, zu unseren Begegnungen mit dem Anderen und mit uns selber sowie zu unserer tiefen Verbindung mit der Natur und dem Kosmos eine Rolle spielen dürfen. Die Sehnsucht nach Authentizität, nach Ursprünglichkeit und Echtheit, aber auch nach Rückkehr zu unseren Wurzeln, darf angesichts dieser skulpturalen Werke gesucht und gefunden werden.

Walter Moroder hat als Sohn eines Bildhauervaters die Arbeitsweise des Holzschnitzers von der Wiege auf mitbekommen. Das Schnitzen von menschlichen Figuren in klassischer, traditioneller Manier ist für ihn nicht Ziel und Zweck seiner Kunst, sondern vielmehr eine Technik, die seine Familientradition kennzeichnet, und darüber hinaus die Tradition des Grödner Tales. Die Anfänge von Moroders künstlerischer Arbeit sind jedoch vielmehr in abstrakten Kunstformen verankert, wo er seine eigene Sprache jenseits seines Herkunftskodex experimentierte. Eine Reise nach Sulawesi, Indonesien im Jahre 1996, und die Entdeckung des dortigen Totenkultes mit geschnitzten Abbildern war der entscheidende Wendepunkt, an dem Walter Moroder zum figurativen Abbild zurückkehrte, welches für ihn bis heute eine unerschöpfliche Quelle der Inspiration darstellt.

Seit Ende der 90er Jahre hat Walter Moroder eine große Anzahl seiner meist weiblichen Figuren realisiert. Formal gesehen sind sie sich alle sehr ähnlich, immer ist es die menschliche Figur, immer zarte, schlanke Körper, deren Schönheit den Betrachter in seinen Bann zieht. Es sind Verkörperungen einer Idee des allgemein Menschlichen, mehr noch des Weiblichen, welche trotz ihrer je individuellen Ausarbeitung als Einzelfigur doch den Charakter von Archetypen oder Totems oder Tableaus repräsentieren. Walter Moroder arbeitet sich von einer Figur zur nächsten weiter, wobei die Figuren nicht als Teil einer Serie zu verstehen sind, sondern vielmehr als Ergebnisse einer stets von neuem begonnenen Suche nach grundlegenden Dingen unserer menschlichen Natur. Diesen nähert er sich während der Arbeit an den Figuren an, in einem Prozess der nach innen blickenden Auseinandersetzung mit sich selbst.

Dort wo das Ergebnis zu schön, zu perfekt oder zu naheliegend ist, greift Walter Moroder zerstörend ein, indem er die Figur mit dem Holzbohrer durchlöchert, Symmetrien wieder wegnimmt, einzelne Körperpartien in ihren Proportionen stört, Gesichtsausdrücke verändert. Manche Figuren schielen, manche haben große Ohren, ungleiche Schultern oder zu dünne Arme. Die Abstraktion ist ein steter Gedanken, welcher die Arbeit an den Figuren begleitet. Und so ist es weniger die absolute Schönheit, welche der Künstler anstrebt, sondern vielmehr die gefühlte Schönheit, welche in einer Ansammlung von kleinen Fehlern, Unebenheiten und überraschenden Momenten entsteht. In diesem Anspruch orientiert sich Walter Moroder an der Natur, deren Formen viel organischer entstehen als der menschliche Anspruch an Perfektion es je ermöglichen würde, welcher häufig in der Leblosigkeit endet.

Das Material, das Walter Moroder für seine Figuren bevorzugt benutzt, ist Zirbelkiefer, ein Holz voller Eigenleben, das der menschlichen Haut ähnelt. Das von den meisten Bildhauern wegen seiner Neutralität und Ebenmäßigkeit verwendete Lindenholz ist Walter Moroder suspekt, da es zu perfekt ist. Walter Moroder grundiert anschließend die Figuren mit Dolomitenkreide, ebenfalls ein in der nächsten Umgebung vorhandenes Material. Manche Figuren sind aber auch aus Pellets oder Sägemehl aufgebaut, oder der Künstler lässt die einzelnen Holzteile als rohe Blöcke sichtbar, aus welchen die Figur zusammengebaut wurde. Die Oberfläche der Haut ist nie glatt, sondern weist stets Spuren der Bearbeitung mit dem Meisel auf.

Moroders Figuren sind letztlich nicht ganz fassbar. Als Kunstobjekte fungieren sie als Verbindungsstücke zwischen Nähe und Distanz, zwischen Faszination und Abwehr, zwischen Schönheit und Unvollständigkeit, zwischen Körper und Seele. Und so wie der Künstler selbst verweigern auch sie sich jeglicher Kategorisierung innerhalb des Systems der Kunst.
Sabine Gamper


redaktionell geprüft



Ausstellungs-Informationen


Durchführung

Kurator: Sabine Gamper
Künstler: Walter Moroder


Vernissage

Begrüßung - Vernissage: Doris Ghetta
Einführung - Vernissage: Sabine Gamper